Angetrieben durch sich weiter verbessernde Aktivitätsdaten und durch das ungebrochen starke Engagement der Notenbänker, setzte sich die Rally in risikoreichen Anlagen im Juni fort. Es war eines der historisch besten Aktienquartale mit +20% Kursrendite im S&P 500.

Die Märkte scheinen weiterhin bereit zu sein über kurzfristige Gewinnschwankungen hinwegzusehen, solange die Aktivitätsdynamik positiv bleibt. Darüber hinaus haben 84 Zentralbanken die Zinsen im Jahr 2020 gesenkt. Wir befinden uns monetär im lockersten Umfeld, das die die Welt je gesehen hat. Unserer Meinung nach signalisieren die Märkte jedoch bereits, dass weitere politische Stimulus-Massnahmen erforderlich sein dürften, insbesondere auf der fiskalischen Seite.

  • Regional gesehen outperformte Europa die USA im Juni. Der Eurostoxx 50 (+6,5% in EUR) übertraf sogar den Nasdaq100 (+6,4% in USD) auf Total-Return-Basis. Die EM-Indizes (MSCI EM +7,4% TR in USD und CSI 300 +8,5% TR in CNY) hatten einen noch besseren Monat, was von den Finanzmedien aber weitgehend unbemerkt blieb.
  • Der Nasdaq 100 notiert aktuell 16% über seinem gleitenden 200-Tages Durchschnitt. Zuletzt war das im Februar 2020 der Fall.
  • Das Volatilitätsniveau deutet nach wie vor auf ein gestresstes Marktumfeld hin. Der VIX stieg im Juni kurzzeitig auf 44 an.

Jüngste Marktentwicklungen:

  • Qualitätsaktien – insbesondere US-Mega-Caps – haben die Führung zurückerobert, nachdem die Rallye zyklischer Aktien Mitte Juni aufgrund der Angst vor steigenden Infektionsraten in den USA an Fahrt verloren hatte.
  • Historisch gesehen neigt die Performance des S&P 500 nach sehr positiven Quartalen (Quartal mit Renditen von +15% und mehr) dazu weiter positiv zu sein, mit durchschnittlich +9,5% im nächsten Quartal. Der historische Datensatz beschränkt sich hier jedoch auf nur 8 Beobachtungen, was unterstreicht, wie aussergewöhnlich dieses zweite Quartal war.
  • Erinnern Sie sich daran, dass Aktienrückkäufe die wichtigste Nachfragequelle für den US-Aktienmarkt seit der Finanzkrise waren? Aktienrückkäufe sind in den ersten 6 Monaten des Jahres 2020 im Vergleich zum Vorjahr um -44% zurückgegangen. Das entspricht dem niedrigsten Stand seit 8 Jahren. Wie sich dies in Zukunft auf die Aktienmärkte auswirken wird, bleibt abzuwarten.
  • Die fundamentale Unsicherheit ist nach wie vor hoch. 400 der S&P 500-Unternehmen haben in den letzten 3 Monaten keinen Ausblick abgegeben. In diesem Umfeld ist es schwierig Vorhersagen zu treffen. Bezüglich der S&P500-Kursziele für das Jahresende 2020 besteht dementsprechend unter den Wall Street-Strategen grosse Uneinigkeit. Die Standardabweichung beträgt 250 Indexpunkte. Laut SentimenTrader ist die Abweichung somit doppelt gross wie der Durchschnitt der letzten 20 Jahre.

 

Jüngste Makro-Entwicklungen:

Eingehende Daten fallen in den meisten Regionen besser aus als vom Konsensus erwartet. Die aktuellen PMIs in Europa und den USA befinden sich bereits wieder nahe dem expansiven Bereich. Der Economic Surprise Index für die USA ist bereits stark positiv, während jener in Europa sich schnell verbessert. Dennoch ist mit einem Wiedererreichen der Niveaus von 2019 nicht vor Beginn 2022 zu rechnen.

  • In Deutschland und Frankreich erholten sich der IFO Index und der INSEE Index stärker als erwartet, ebenso wie die Konsumentenstimmung. In den USA zeigte der jüngste ADP-Bericht, dass die Unternehmen im Juni 2,4 Millionen neue Stellen geschaffen haben. Zusätzlich wurde die Zahl für Mai von einem Verlust von 2,76 Millionen auf einen Gewinn von 3,1 Millionen Stellen nach oben revidiert.

Quelle: Bloomberg

 

Chart: Die Inflationserwartungen in der Eurozone sind zwar in absoluten Zahlen immer noch niedriger, zeigen aber eine vielversprechendere Dynamik als jene in den USA. Interessanterweise scheinen sie im Gleichschritt mit dem Kupferpreis zu steigen.

Ist dies eventuell Ausdruck eines besseren Krisenmanagements in Europa und der Erwartung fiskalischer Impulse für die Eurozone?

Einige Analysten argumentieren, dass „grüne“ und digitale Konjunkturprogramme die Voraussetzungen für einen Boom der Kupfernachfrage schaffen könnten. Elektrofahrzeuge, 5G-Netze und erneuerbare Energieerzeugung benötigen grosse Mengen des roten Metalls.

 

 

Jüngste Entwicklungen der Pandemie:

  • Kalifornien und New York machen bei der Wiedereröffnung einen Rückzieher. Kalifornien verbot nach einem Tag mit Rekordinfektionen Restaurantbesuche in Innenräumen, unter anderem in Los Angeles. New York verschob die die Wiederaufnahme solcher Angebote nach hinten. Krankenhäuser im Grossraum Houston beziffern die Auslastung der Kapazität auf den Intensivstationen mit 102%.
  • Während erneute, flächendeckende Lockdowns in den USA unwahrscheinlich sind, könnten die Auswirkungen der steigenden Fallzahlen auf das Konsumklima sehr negativ sein. Die Märkte scheinen davon aktuell jedoch unbeeindruckt zu sein da die Mortalitätsrate (noch) niedrig ist.
  • An der Arzneimittelfront erweist sich in einer frühen Studie ein experimenteller Impfstoff von Pfizer und BioNtech als vielversprechend. Einige Analysten erwarten einen Impfstoff bis zum Ende des 1. Halbjahres 2021.

Politik:

  • Da Donald Trump in den Umfragen mittlerweile deutlich hinterherhinkt, könnten die US-Aktien in den nächsten Monaten volatil bleiben. Joe Biden hat wiederholt erwähnt, dass er Trumps Steuersenkung von 2017 zurücknehmen werde.“I’m going to get rid of the bulk of Trump’s $2 trillion tax cut and a lot of you may not like that but I’m going to close loopholes like capital gains and stepped up basis.” (Joe Biden während einer virtuellen Wahlkampf-Spendenaktion im Juni 2020)
  • In Europa hingegen scheint sich der politische Konsens im Zuge der Pandemie zu verbessern. Das sich verbessernde Zusammenspiel zeigt sich in Form des gemeinsamen Vorschlags für den EU-Recovery Fonds. Auch wenn eine Einigung noch aussteht, glauben wir, dass sich die politischen Risiken im Vergleich zu den USA eher zu Gunsten Europas entwickeln.
  • Die geopolitischen Spannungen zwischen den USA und China sind erhöht, was sich in absehbarer Zeit wohl kaum ändern wird. Das US-Repräsentantenhaus verabschiedete einen Gesetzentwurf, der Sanktionen gegen Banken verhängt, die mit chinesischen Beamten Geschäfte machen, welche an der Niederschlagung von Protesten in Hongkong beteiligt sind.

Marktkommentar:

Nach einer historischen Rallye von den Tiefstständen, sehen wir Anzeichen einer zunehmenden Instabilität. Anleger sind nach wie vor hin- und hergerissen zwischen berechtigter Furcht vor dem wirtschaftlichen Schaden, den eine zweite Coronavirus-Welle anrichten könnte und der „Angst etwas zu verpassen“, welche durch die enormen Stimulierungsbemühungen der Zentralbanken, Regierungen und Politiker geschürt wird. Wir sehen das Potenzial, dass Europa in den nächsten Jahren, im Vergleich zu den USA, ein stärkeres Wachstum erfahren könnte, da die Region in Bezug auf die Kontrolle des Virus und die Wiedereröffnung der Wirtschaft mittlerweile einen deutlichen Vorsprung hat. Der geplante Wiederaufbaufonds der Region in Höhe von 750 Milliarden Euro und die französisch-deutschen fiskalpolitischen Anreize könnten ausländische Investoren endlich wieder in den europäischen Aktienmarkt bringen. Dies ist jedoch eher eine Geschichte für 2021, wenn mit einer nachhaltigen globalen Erholung zu rechnen ist. Kurzfristig haben die Aktienmärkte einen starken Lauf gehabt, gute Nachrichten sind eingepreist, aber der VIX bleibt hoch, was die Märkte anfällig für eine Korrektur macht. Dennoch sprechen die mangelnde Partizipation an der Rallye und die nun deutlich weniger gehebelten systematischen Strategien für geringere Tail-Risiken.

 

Positionierung: Wir sind neutral in unserer taktischen Bewertung der Aktienmärkte. Unsere Auswahl konzentriert sich weiterhin stark auf Qualitätsaktien mit soliden Bilanzen und starken Geschäftsmodellen.

  • Wir setzen auf Unternehmen mit hoher Bonität und bevorzugen die Bereiche Technologie, Gesundheitswesen und Grundnahrungsmittel. Wir stellen dennoch fest, dass dieser „Quality Trade“ bereits sehr weit gelaufen ist und in vieler Hinsicht der „Konsenus-Trade“ geworden ist.
  • Auf einer breiten Portfolioebene legen wir Wert auf Diversifizierung, gute Liquidität und hohe Qualität unserer Risikoanlagen und halten uns von Strategien fern, deren Ertragsaussichten auf dem Einsatz von Leverage basieren.
  • Da die Zinsen weltweit extrem niedrig sind, kann von Investment Grade Staatsanleihen nicht erwartet werden, dass sie in Zukunft den gewünschten Absicherungsmechanismus bieten.
  • Angesichts des Anstiegs der Geldmenge und des erwarteten Anstiegs der Staatsdefizite sehen wir Gold als den primären Portfoliodiversifikator.
Quellen: Bloomberg, JP Morgan, High Tower Naples, The Market Ear, Topdown Charts, Nordea, SentimenTrader, UBS, Barclays