Börsengänge mittels SPAC sind derzeit in Mode. Dies vor allem an den US-Börsen. Was steht hinter diesem Akronym?

Neben dem klassischen Börsengangs mittels einem Initial Public Offerings (IPO) besteht die Möglichkeit, mittels einer Special Purpose Acquisition Company – oder eben SPAC – an die Börse zu gelangen. Die SPAC ist eine Mantelgesellschaft, die zuvor Kapital über einen traditionellen Börsengang mittels IPO einsammelt hat, um dieses in einem zweiten Schritt in die Übernahme eines vorher nicht fest bestimmten Unternehmens zu investieren. Typischerweise wird eine SPAC von einem sogenannten Sponsor aufgelegt, der selbst investiert und die unternehmerische Führung dieser Gesellschaft übernimmt. Das mittels IPO eingesammelte Kapital wird zuerst auf ein Treuhandkonto eingezahlt und in sichere Wertpapiere investiert– in der Regel in kurz laufende US-Staatsanleihen. Der Akquisitionsrahmen wird im Allgemeinen durch den Zweck der SPAC vorgegeben. Eine Übernahme erfolgt innerhalb eines vorgegebenen Zeitrahmens, meist etwa innerhalb von 24 Monaten.

Populär sind SPACs, weil sie anderen Unternehmen einen einfachen und schnellen Weg an die Börse ermöglichen. Das Unternehmen, welches in den Börsenmantel schlüpfen will, muss nur mit dem Sponsor der SPAC in Verhandlungen treten und wochenlange Roadshows und zahlreiche Meetings mit potentiellen Investoren werden hinfällig. Weitere Vorteilen sind die höhere Preis- und Umsetzungssicherheit und die Vertraulichkeit der Verhandlungen zwischen den beiden Parteien im Vergleich zum traditionellen IPO. Dem Finanzdienstleister Refinitiv zufolge erreichte das Volumen der Börsengänge in den USA im vergangenen Jahr 159 Milliarden US-Dollar und damit einen neuen Rekord. Davon entfielen knapp 76 Milliarden US-Dollar auf SPAC-Transaktionen.

SPACs an sich gibt es schon lange. In den Neunzigerjahren übernahmen viele SPACs kleine, unreife und vor allem auch unprofitable Unternehmen. Eine oftmals enttäuschende Performance der SPACs und auch viele Unternehmenspleiten waren die Folge. Ein Grund für die SPAC-Euphorie im 2020 ist die Covid-19-Pandemie, welche die Investoren und auch die Unternehmer verunsichert hat. Etliche bis dahin privat gehaltene Unternehmen benötigten schnellen Zugang zu Kapital und angesichts der hohen Volatilität an den Märkten war ein klassischer IPO weniger attraktiv, da es aus Sicht des Unternehmens ungewiss war, wie viel Kapital bei einem klassischen IPO einspielt werden kann. Andere Unternehmen nutzten später im Jahresverlauf und bis heute noch das sich verbesserte Marktumfeld für einen schnellen Börsengang, ehe sich das gute Umfeld für Börsengänge wieder zu schliessen beginnt.

Ob sich das amerikanische SPAC-Modell auch in Europa etablieren wird, hängt weitgehend von den Investoren und der Marktstimmung sowie von den Vorgaben der jeweiligen Jurisdiktion ab. Beispielsweise schränkt das deutsche Gesellschaftsrecht die Nachbildung einer typischen US-SPAC-Struktur in Form einer Aktiengesellschaft erheblich ein. In der Schweiz ist der Knackpunkt die Schweizer Börse (SIX) beziehungsweise die Finanzmarktaufsicht, da einige regulatorische Fragen rund um SPACs noch offen sind. So schreibt die SIX aktuell beispielsweise vor, dass ein Unternehmen, welches kotiert wird, seit mindestens drei Jahren existieren muss und die Finanzzahlen dieser Zeit offenlegen muss, was bei SPACs nicht möglich ist. Allerdings ist anzunehmen, dass auch in Europa zunehmend SPACs oder zumindest SPAC-ähnliche Strukturen geschaffen werden.

Orlando Sidler